Gonepteryx rhamni (Linne 1758)
Der Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni) ist ein Schmetterling (Tagfalter) aus der Familie der Weißlinge (Pieridae). Der Zitronenfalter war in Deutschland das Insekt des Jahres 2002. Die Falter erreichen eine Flügelspannweite von 50 bis fast 60 Millimetern. Sie haben intensiv zitronengelb (Männchen) bzw. blass grünlich-weiß (Weibchen) gefärbte Vorder- und Hinterflügel. Die Weibchen können auf den ersten Blick mit dem Großen Kohlweißling (Pieris brassicae) verwechselt werden, jedoch kann man sie anhand der charakteristischen Flügelform gut voneinander unterscheiden. Alle vier Flügel der Zitronenfalter sind an den Spitzen deutlich zugespitzt. Beide Geschlechter haben je einen orangen Fleck auf ihren Flügeloberseiten, auf den Unterseiten sind diese bräunlich gefärbt. Die Flügeladern sind deutlich sichtbar und treten stark hervor. Am Flügelansatz, auf der Oberseite des Körpers, dem Kopf und den Fühlern sind sie dunkelviolett gefärbt.
Die Raupen sind mattgrün gefärbt, wobei an den Seiten die Färbung schwächer ausgeprägt ist. Über den Beinchen verläuft auf jeder Seite ein heller tiefliegender mattweißer Längsstreifen. Diese Zeichnung, die dem Prinzip der Gegenschattierung folgt, dient der Raupe als Tarnung vor Feinden, wie z. B. den Singvögeln. Den Frühlingsbeginn kann man verschieden definieren, pragmatisch wie die Meteorologen (1. März), exakt wie die Astronomen (Tag- und Nachtgleiche) oder, wie die Phänologen, nach dem Entwicklungsstand der Vegetation (Beginn der Apfelblüte). Für viele ist Frühling, wenn sie den ersten Zitronenfalter sehen. Von den knapp zweihundert Tagfalterarten, die bei uns in Deutschland heimisch sind, überwintern nur wenige als ausgewachsene Imagines. Es sind dies der Kleine Fuchs, das Tagpfauenauge, der C-Falter, der Trauermantel und der Große Fuchs. Unter diesen zähen Burschen ist der Zitronenfalter der härteste. Gonepteryx rhamni verkriecht sich nicht in irgendwelchen Ritzen, sondern hängt wie ein dürres Blatt in der Gegend herum, wobei ihm Schnee und eisige Temperaturen nicht viel auszumachen scheinen. Er setzt den Gefrierpunkt herunter und schützt sich vor dem Erfrieren. Er verbringt den Winter nahezu ungeschützt. Sein Quartier kann eine Baumspalte sein, die Unterseite eines Brombeerblatts oder ein Grasbüschel. So kann der Falter kurzfristig bis zu minus zwanzig Grad überstehen und bringt es so auf ein für Schmetterlinge hohes Alter von zwölf Monaten. Bei der Eiablage ist der Zitronenfalter, wie viele Vertreter der Ordnung Lepidoptera, außerordentlich wählerisch. Seine Raupen ernähren sich fast ausschließlich von den Blättern des Faulbaums und des Kreuzdorns, die sie von außen nach innen benagen. Dass ein Schmetterling sich so früh im Jahr hervorwagt, war dem schwäbischen Dichter Eduard Mörike nicht geheuer. „Zitronenfalter im April“ dichtete er an seine Clara: „Grausame Frühlingssonne, Du weckst mich vor der Zeit, so wird der Mai mich nimmer sehn in meinem gelben Kleid.“ Im Mai ist die Paarungszeit der Zitronenfalter tatsächlich vorbei, und die nächste Generation bereitet sich aufs Schlüpfen vor. Sie seien in letzter Zeit vielerorts selten geworden, heißt es im Kosmos-Naturführer.
Zitronenfalter werden schon von wenigen wärmenden Sonnenstrahlen zu neuem Leben erweckt, so dass sie bei günstiger Witterung theoretisch zu jedem Tag im Jahr beobachtet werden können. Übrigens: Wenn Zitronenfalter sich sonnen – und das tun sie im Frühjahr ausführlich -, breiten sie ihre Flügel nicht aus, wie andere Schmetterlinge, sondern falten sie zusammen und setzen sich seitlich dem Sonnenlicht aus.
Bei normalem Jahresverlauf verlassen die Zitronenfalter ihre Überwinterungsplätze im Laufe des März, die meisten Tiere finden sich dann im April und bis in die erste Maihälfte. Leuchtend gelb fliegen die Männchen dann an Waldrändern und -wegen patrouillierend auf Brautschau. In wilder Jagd wirbeln sie hinter den weißlich-grün gefärbten Weibchen her. Lässt sich das Weibchen auf den Boden nieder, kommt es zur Paarung. Diese kann bis zu drei Stunden dauern. Der wissenschaftliche Name des Zitronenfalters, Gonepteryx rhamni, weist auf die Hauptnahrungspflanze der Raupen hin, nämlich Faulbaum (Rhamnus frangula oder Frangula alnus) und auch Kreuzdorn (Rhamnus cathartica). Das Weibchen legt im April die Eier einzeln oder zu zweien an Blätter, Triebspitzen und Zweige. Insgesamt produziert es rund 100 Eier. Die nach einer bis zwei Wochen schlüpfenden, schlanken Raupen sind dunkel mit einem hellen Seitenstreifen. Je nach Witterung verpuppt sich die Raupe nach drei bis sieben Wochen.
Wenn die Falter nach zwei Wochen Puppenruhe schlüpfen, ist es bereits Sommer, meist Ende Juni bis Anfang August. Doch nach kaum zwei weiteren Wochen fallen die Zitronenfalter in einen Sommerschlaf (Sommer-Diapause). Erst im Frühherbst werden sie wieder munter. Durch die beiden eingeschalteten Ruhephasen mit stark vermindertem Stoffwechsel erreicht der Zitronenfalter ein Alter von zehn bis elf Monaten. Er ist damit unser langlebigster Tagfalter.
Entwicklung des Zitronenfalters am Faulbaum: Ei, junge Raupe, nach einigen Häutungen in Ruhestellung in der Blattmitte, Vorpuppe beim Spinnen des Gürtelfadens, Gürtelpuppe Fotos: Harald Süpfle
Wie überlebt der Zitronenfalter den Winter?
Schmetterlinge überleben die Winterkälte auf ganz unterschiedliche Art. Die meisten überwintern als Raupe oder verpuppt – oder noch als Ei. Andere fliegen ähnlich wie Zugvögel im Herbst in den Süden. Nur einer überlebt in Mitteleuropa als ausgewachsener Schmetterling ungeschützt im Freien. Wie schafft er das nur? Der Zitronenfalter ist der einzige mitteleuropäische Schmetterling, der als Falter an einem Ast hängend oder im Laub am Boden den Winter überlebt. Er hält Temperaturen von bis zu minus 20 Grad aus. Es stört die Zitronenfalter auch nicht, wenn sie komplett von Schnee bedeckt sind. Das Rezept sind körpereigene Frostschutzmittel. Zuerst scheiden die Zitronenfalter alles entbehrliche Wasser aus. Dann sorgen Zucker-Alkohole wie Glyzerin und Sorbit sowie Eiweissstoffe dafür, dass der Gefrierpunkt der Körperflüssigkeit heruntergesetzt wird. So können die zitronengelben Falter nicht erfrieren.

Der Zitronenfalter: An Zweigen hängend trotzt er Schnee und Eis dank körpereigenem Frostschutzmittel. Wikipedia, Harald Süpfle
Schon im Februar die ersten Ausflüge Bei mildem Wetter fliegt der Zitronenfalter schon bei den ersten richtig warmen Sonnenstrahlen im Februar wieder aus. Im April legen die Weibchen die Eier ab – und sterben dann. Aus den Eiern schlüpfen Raupen, diese verpuppen sich und Ende Juni fliegen die Jungfalter aus. Mit diesem einzigartigen Lebenszyklus haben die Zitronenfalter unter den hiesigen Schmetterlingen auch die höchste Lebenserwartung. Andere Falter gaukeln kaum mehr als einige Wochen durch die Luft.
Literatur:
- https://de.wikipedia.org/wiki/Zitronenfalter
- http://www.faz.net/aktuell/wissen/das-besondere-am-zitronenfalter-14135200.html
- https://www.srf.ch › Einstein › Überwintern
Dr. Eckhard Holtorf, ITZ