Animal of the Month Jan 2018

Saatkrähe

Saatkrähe - Foto: Frank Derer

Saatkrähe - Foto: Frank Derer

(Corvus frugilegus Linne`1758)

Die Saatkrähe (Corvus frugilegus) ist eine der vier europäischen Arten der Gattung Corvus aus der Familie der Rabenvögel (Corvidae). Die große Krähe mit markantem Schnabel und metallisch glänzendem schwarzem Gefieder ist im Alterskleid kaum verwechselbar. Jungvögel können aber mit der fast gleich großen Aaskrähe (C. corone corone) verwechselt werden. Das Gefieder der kräftigen, etwa 46 Zentimeter großen Saatkrähe ist einheitlich schwarz. Je nach Lichteinfall schillern Scheitel und Nacken grünlich- oder violett-metallisch. Der Schnabelgrund der Altvögel ist nackt und grindig-weißlich, derjenige der Jungvögel ist noch befiedert. Der Schnabel ist spitz, etwas nach unten gebogen und schlanker als jener der Aaskrähe. Unterhalb des Schnabels befindet sich der Kehlsack, der zum Transport von Nahrung benutzt wird. Im Flugbild ist die Saatkrähe an den etwas längeren und tiefer gefingerte Schwingen recht gut von der Aaskrähe unterscheidbar. Die Geschlechter unterscheiden sich weder in Färbung noch in der Größe; die Jungvögel bekommen etwa mit acht Monaten das Aussehen der Altvögel.

Saatkrähe - Foto: Frank Derer

Saatkrähe – Foto: Frank Derer

Als sozial lebende Art ist die Saatkrähe sehr ruffreudig und verfügt über eine Vielzahl von Lautäußerungen, die zum Teil von denen der Aaskrähe nur schwer unterscheidbar sind. Häufigster Laut ist das „Kah“ oder „Krah“, das recht variabel klingen kann. In aggressiven Situationen ist dieser Laut länger und höher: „krääääh“. C. frugilegus besiedelt meist offenes, von Gehölzen, Wäldchen oder Baumreihen bestandenes Acker- und Wiesenland. Sie ist weitgehend auf vom Menschen umgewandeltes Kulturland angewiesen. Grünlandgebiete, die einen gewissen Anteil an Ackerflächen aufweisen, sind für sie besonders günstig. Sie bevorzugt ebene oder hügelige Gegenden, Gebirge meidet sie. Der Bewuchs ihres Nahrungsgebietes sollte nicht zu hoch sein, obwohl sie bei günstigen Verhältnissen auch in höherem Gras nach Nahrung sucht. Die Nähe des Menschen scheut sie nicht. So liegen viele ihrer Brutkolonien und Schlafplätze in unmittelbarer Nachbarschaft zu menschlichen Siedlungen, vielfach auch in Parkanlagen großer Städte, wo ihr recht lautes Verhalten sowie ihr Koten auf Gehwege und Autos oft als störend empfunden werden. Saatkrähen suchen mit Vorliebe auf Feldern nach Essbarem. Auf der vielfältigen Speiseliste stehen Insekten, Regenwürmer, Schnecken, Getreidesamen oder Feldfrüchte.

Saatkrähe mit Walnuss Foto: Ulrich Prokop

Saatkrähe mit Walnuss Foto: Ulrich Prokop

Die Nahrung wird hüpfend oder schreitend am Boden gesucht, der spitze Schnabel wird dabei als Universalwerkzeug eingesetzt, das sowohl zum Graben und Hacken als auch zum Sondieren und Stochern dient. Die Nahrungssuche ist vor allem optisch orientiert. Pflanzliche Nahrung wird vom Boden aufgelesen oder ausgegraben. Manchmal frisst die Saatkrähe auch Maiskörner oder Sonnenblumensamen, indem sie sich direkt an die Pflanze klammert. Im Tagesrhythmus wird am Morgen vor allem an der Oberfläche gesucht (surface feeding), im weiteren Tagesverlauf beginnt die Phase des Grabens und Stocherns (subsurface feeding), das schließlich vom systematischen Absuchen weiter Flächen abgelöst wird (areal feeding). Der Aktivitätsbeginn der Art liegt mit etwa einer Stunde vor Sonnenaufgang sehr früh und endet sehr spät, so dass auch im Hochwinter an die acht Stunden zur Nahrungssuche zur Verfügung stehen. Saatkrähen sind während des gesamten Jahres gesellig, brüten in zum Teil sehr großen Kolonien und verbringen die Nacht gemeinsam auf Schlafbäumen. Sie haben eine Fülle von sozialen Verhaltensweisen ausgebildet. Am Boden bewegt sich die Saatkrähe gemessen schreitend oder hüpfend fort, in der Luft in einem kräftigen Ruderflug, in dem längere Segelstrecken eingebettet sind. Im Frühjahr sieht man häufig Flugspiele und Flugkapriolen. Häufig sind Spiele zwischen den Gruppenmitgliedern zu beobachten, wie Fallenlassen und Auffangen von Gegenständen oder Schaukeln auf einem Ast. Sehr vielfältig und differenziert sind die Verhaltensstrukturen zwischen den Partnern und den anderen Koloniemitgliedern.

Die Saatkrähe kann sowohl Zugvogel als auch Standvogel sein. Generell lässt sich sagen, dass der Anteil der Individuen, die obligate Zugvögel sind, von West nach Ost zunimmt. Westeuropäische Vögel verbleiben zum Großteil im Brutgebiet. Mitteleuropäische Populationen ziehen zu etwa 60 % in klimatisch günstigere Gebiete ab, wobei die Zugentfernungen in der Regel 1000 Kilometer nicht überschreiten. Im europäischen Russland und östlich davon sind schließlich alle Saatkrähen Zugvögel. Die meisten Saatkrähen bleiben bis Ende September/Mitte Oktober im Brutgebiet und treten erst dann den Zug an, der von längeren Rast- und Ruhepausen unterbrochen werden kann. Der Zug findet in großen Scharen statt, die aber keinen starken Zusammenhalt aufweisen, kleinere Zuggruppen scheinen jedoch recht feste Einheiten zu bilden. Mit dem Wegzug beginnen die Altvögel schon Anfang Februar, in der ersten Märzwoche ist er meist abgeschlossen. Zusätzlich zu diesem Zugverhalten sind Saatkrähen imstande, bei sehr ungünstigen Witterungen sogenannte Wetterfluchten durchzuführen, die in alle Himmelsrichtungen führen können.Wer im Winter Schwärme von Saatkrähen auf Deutschlands Äckern sieht, wird nicht vermuten, dass diese Vögel als gefährdet eingestuft werden. Es handelt sich bei diesen Vögeln nur um Wintergäste aus Osteuropa. Die Vögel werden am Ende ihres zweiten Lebensjahres geschlechtsreif, die Partner führen eine monogame Dauerehe. Der Nestbau beginnt Anfang März, Neststandort ist meist der Kronenschluss von Laubbäumen in Alleen, Parks oder Feldgehölzen. Die Nester liegen nah beieinander, doch wird ein Abstand von einem Meter selten unterschritten. Das Nest, das von beiden Partnern gebaut wird, ist ein kompakter Bau aus dünnen, biegsamen Zweigen, der innen mit verschiedenen Materialien ausgekleidet wird. Materialdiebstahl innerhalb der Kolonie sowie zwischen verschiedenen Kolonien ist häufig. Das Gelege besteht aus drei bis sechs, manchmal bis zu neun graugrünen, undeutlich gesprenkelten Eiern, und wird vom Weibchen, das in dieser Zeit vom Männchen gefüttert wird, 16 bis 19 Tage bebrütet. Die Nestlingsdauer beträgt etwa einen Monat. In den ersten zehn Tagen besorgt das Männchen allein die Fütterungsarbeit, danach beide Partner. Nach dem Selbständigwerden werden die Jungvögel noch eine gewisse Zeit von den Altvögeln versorgt, bevor sie sich Jugendtrupps anschließen und in den meist näheren Gegenden umherstreifen. In diesen Jugendtrupps findet nach einem Jahr auch die Paarbildung statt. Meist findet nur eine Jahresbrut statt. Das Schadenspotential der Saatkrähe wird je nach Blickwinkel sehr unterschiedlich beurteilt. Die tatsächliche Schadintensität ist sowohl jahreszeitlich als auch regional unterschiedlich. Immer aber steht dem tatsächlichen Schadverhalten ein beträchtliches Nutzverhalten durch den Verzehr von unterschiedlichen Agrar- und Forstschädlingen gegenüber. Bedeutende Schäden können entstehen, wenn ein Krähenschwarm in ein frisch eingesätes Feld einfällt. Gefährdet sind besonders frühe oder späte Einzelfelder, vor allem bei langsamem Feldaufgang wie zum Beispiel Mais. Die Krähen bevorzugen das keimende Saatkorn; um dieses zu erreichen, reißen sie oft reihenweise junge Pflänzchen aus. Der indirekten Verhinderung von Schäden dient eine nicht zu frühe Saat. Eine Saattiefe von etwa acht Zentimetern (statt zwei bis vier Zentimeter) und das Anwalzen der Saat erschweren das Ausreißen der Pflänzchen, steht aber einem optimalen Feldaufgang und gutem Ernteertrag entgegen. Das hier als Gattungsbezeichnung verwendete Wort Corvus ist die lateinische Bezeichnung für Rabe. Das lateinische Wort frugilegus setzt sich aus dem Nomen frux, frugis f. = Frucht sowie dem Verb legere = sammeln, auflesen zusammen. Der wissenschaftliche Name kann also wörtlich mit „Früchte sammelnder Rabe“ übersetzt werden. Rabenvögel gelten als besonders intelligent. Kein Wunder also, dass die meisten von ihnen längst entdeckt haben, wie gut der Tisch für sie in Städten und Dörfern gedeckt ist.

Literatur:

Dr. Eckhard Holtorf, ITZ