Animal of the Month Jun 2018

Hornisse

Hornisse Foto: Ternitz-Sieding

Hornisse Foto: Ternitz-Sieding

Vespa crabro, Linne 1758

Die Hornisse ist die größte in Mitteleuropa lebende Faltenwespe. Die Körpergröße der Königin beträgt von 23 bis zu 35 Millimeter, die der Arbeiterinnen 18 bis 25 Millimeter und die der Drohnen 21 bis 28 Millimeter. Als Hornissenart ist sie erkennbar an der Gestalt des Kopfes: Bei Ansicht von oben ist der hintere Abschnitt des Kopfes hinter den Komplexaugen zu den Seiten hin stark erweitert, Meist ist die Hornisse aber bereits an der charakteristischen Färbung gut erkennbar. Kopf und Rumpfabschnitt sind schwarz, meist mit ausgedehnter roter oder braunroter Zeichnung, der Rumpfabschnitt trägt keine gelben Zeichnungselemente. Der erste Abschnitt des freien Hinterleibs ist nur bei dieser Art dreifarbig: der vordere ist rot, dahinter sitzt ein mehr oder weniger breiter dunkler Fleck, der Endabschnitt ist gelb gefärbt. Der restliche Hinterleib trägt, wie bei vielen Wespenarten, eine schwarze Zeichnung unterschiedlicher Form und Ausdehnung auf gelbem Grund.

Hornisse Foto: Ternitz-Sieding

Hornisse Foto: Ternitz-Sieding

In ihrem großen Verbreitungsgebiet besitzt die Hornisse einige Varianten der Färbung und Zeichnung. Diese treten teilweise regional gehäuft auf und sind von früheren Taxonomen vielfach als Unterarten beschreiben worden. Dies erscheint heute nicht mehr gerechtfertigt. Inzwischen ist bekannt, dass diese nicht nur durch breite Übergänge miteinander verbunden sind, sondern teilweise sogar Individuen mit für verschiedene „Unterarten“ typischer Zeichnung im selben Nest vorkommen können. Sie gelten heute überwiegend als Varietäten ohne taxonomischen Wert. Die Hornisse besiedelt ein Areal, das im Vergleich zu anderen Arten der Gattung weiter nach Westen und weiter nach Norden reicht, sie ist dadurch die einzige natürlicherweise in Nord- und Mitteleuropa verbreitete Art der Gattung Vespa. In Deutschland galt die Art jahrzehntelang als selten und rückläufig, sie wurde daher lange Zeit in den Roten Listen aufgeführt. Die Bestände konzentrierten sich, wie zum Beispiel in Ostdeutschland in Ballungsräumen, die höheren Lagen der Mittelgebirge wurden gemieden. Etwa seit Ende der 1970er Jahre wird die Art in Deutschland wieder häufiger, sie ist nun fast flächendeckend verbreitet und lokal häufig. Die Gründe, sowohl für den früheren Rückgang wie auch für die jetzige Bestandserholung, sind nicht bekannt. Nach verschiedenen Autoren seien Klimaänderungen, zurückgehende Umweltgifte (DDT) und die früher stattfindende systematische Bekämpfung als mögliche Ursachen zu vermuten, nicht jedoch eine Änderung des Lebensraumes. Die gleiche Quelle nennt die Art jedoch einen Kulturfolger.

Hornissennest Foto : Helge May

Hornissennest Foto : Helge May

Bei der Hornisse überwintern ausschließlich weibliche Geschlechtstiere, die künftigen Königinnen. Neben begatteten Königinnen, die im darauf folgenden Jahr ein neues Nest begründen können, überwintert auch ein gewisser Prozentsatz unbegatteter Geschlechtstiere. Diesen gelingt aber niemals eine erfolgreiche Nestgründung. Überwinterungsort sind meist Spalten oder selbst ausgenagte Hohlräume in totem Holz, wenige Tiere überwintern in unterirdischen Hohlräumen. Hornissen überwintern einzeln, selten kommt es zu Ansammlungen weniger Tiere im selben Holzstück. Die Dauer der Überwinterungsperiode erreicht je nach Lokalklima und Wetter sechs bis acht Monate. Die Aktivität der jungen Königinnen beginnt im fortgeschrittenen Frühjahr, in Mitteleuropa meist im April, in England erst Mitte Mai. Sie verlassen dann das Winterquartier und suchen einen Ort zur Nestgründung. Hornissen bevorzugen als Neststandorte regengeschützte, dunkle Hohlräume einer gewissen Mindestgröße. Dies sind meist Baumhöhlen, Hornissen nehmen aber auch menschengemachte Hohlräume wie zum Beispiel Vogelnistkästen, Dachböden oder Geräteschuppen an. Oft nisten Hornissen mehrere Jahre in Folge in derselben Baumhöhle, dabei legen sie aber jedes Jahr ein neues Nest an, alte Nester werden nicht wiederverwendet. Die Königin beginnt allein mit dem Nestbau, indem sie aus abgenagten und zerkauten Holzfasern in einer nach unten hängenden Wabe Zellen formt, die sie meist unmittelbar nach Fertigstellung mit einem Ei belegt. Bevorzugt wird dabei stark vermodertes, weiches Totholz, das Nest ist dadurch oft rotbraun, bis orange, gefärbt. Sie schafft pro Tag durchschnittlich etwa 1,6 Zellen. Bis zum Schlupf der ersten Arbeiterinnen belegt sie so etwa 40 Brutzellen. Aus dem Ei schlüpft nach ca. 12 bis 18 Tagen eine Larve aus. Diese durchläuft fünf Larvenstadien und verpuppt sich anschließend. Die Entwicklungszeit vom Ablegen des Eis bis zum Ausfliegen der Arbeiterin beträgt bei der Hornisse etwa 30 bis 50 Tage. Dementsprechend sind die ersten Arbeiterinnen nicht vor Juni zu sehen. Die Larven werden von der Königin, später dann von den neu geschlüpften Arbeiterinnen gefüttert und so mit Nahrung versorgt. Als Nahrung dient ausschließlich tierisches Material, im Normalfall gejagte Insekten und andere Arthropoden. Da sie gelegentlich auch Bienen jagen, sind sie bei Imkern unbeliebt. Für die eigene Ernährung nutzen Hornissen-Imagines zuckerhaltige Säfte und Flüssigkeiten, besonders gern Baumsäfte an Rindenverletzungen, nur sehr selten besuchen sie Blüten. Neben der Fütterung der Larven und der Königin füttern sich Arbeiterinnen auch gegenseitig und teilen so das Nahrungsangebot (Trophallaxis). Entgegen allen überlieferten Vorurteilen ist die Hornisse kein gefährliches Insekt. Ganz im Gegenteil: Eine Hornisse ist sehr friedfertig und nicht giftiger als andere Wespen oder auch Honigbienen – ihr Gift ist sogar vergleichbar. Ein Stich einer Hornisse wird etwas schmerzhafter als der einer Biene empfunden, da Hornissengift mehr Schmerzstoffe enthält. Der dickere und längere Stachel der Hornisse kann außerdem in empfindlichere Hautschichten eindringen – das tut dann mehr weh. Tatsächlich sind für eine Lebensgefährdung etwa 500 bis 1000 Stiche nötig. Gefährlich wird es nur – wie bei Bienen und Wespen auch – wenn eine Allergie gegen das Gift der Hornisse vorliegt oder durch einen Stich in den Rachenraum die Atemwege zuschwellen.

Etwa ab August beginnt das Volk, neben Arbeiterinnen auch neue Geschlechtstiere heranzuziehen. Diese werden in größeren Zellen gezogen, wobei sich aber ein gewisser Prozentsatz der Weibchen auch der größeren Zellen zu Arbeiterinnen entwickelt, ein Teil der Männchen in normal großen Zellen. Daher kann die Zahl der Geschlechtstiere nicht anhand der großen Zellen abgezählt werden. Das Verhältnis von Weibchen (Jungköniginnen) zu Männchen (Drohnen) beträgt etwa ein zu zwei Drittel. Ein erfolgreiches Volk produziert im Laufe seines Lebens etwa 200 Jungköniginnen. Die Jungköniginnen werden noch im Herbst von den Drohnen begattet, die anschließend, bis etwa Ende Oktober, absterben. Etwa um diese Zeit, meist aber merklich früher, endet auch die Lebenszeit der alten Königin und der letzten Arbeiterinnen, und damit der Nester. Die einheimische Hornisse zählt wegen ihrer akuten Bestandsgefährdung zu den besonders geschützten Arten. Sie darf nicht getötet, und ihr Nest darf nicht zerstört werden. Die Beseitigung eines an kritischer Stelle befindlichen Nestes ist nur mit Genehmigung der Naturschutzbehörden möglich.

Literatur:

Dr. Eckhard Holtorf, ITZ