Passer domesticus (L. 1758)
Der Haussperling (Passer domesticus) – auch Spatz oder Hausspatz genannt – ist eine Vogelart aus der Familie der Sperlinge (Passeridae) und einer der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Singvögel. Der Spatz hat sich vor über 10.000 Jahren als Kulturfolger dem Menschen angeschlossen. Nach zahlreichen absichtlichen oder versehentlichen Einbürgerungen ist er – mit Ausnahme der Tropen – fast überall anzutreffen, wo Menschen sich das ganze Jahr aufhalten. Der weltweite Bestand wird auf etwa 500 Millionen Individuen geschätzt. Nach deutlichen Bestandsrückgängen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem im Westen Mitteleuropas wurde die Art in die Vorwarnliste bedrohter Arten aufgenommen.
Der Haussperling ist ein kräftiger und etwas gedrungener Singvogel. Er wiegt rund 30 Gramm , er ist wenig größer als der nah verwandte Feldsperling. Der Haussperling fällt besonders durch seinen großen Kopf und den kräftigen, konischen Schnabel auf. Männchen und Weibchen unterscheiden sich deutlich in ihrer Färbung: Die Männchen sind deutlich kontrastreicher gezeichnet als die Weibchen, sie haben eine schwarze oder dunkelgraue Kehle und einen schwarzen Brustlatz. Der Scheitel ist bleigrau und von einem kastanienbraunen Feld begrenzt, der Rücken ist braun mit schwarzen Längsstreifen. Die Flügel sind ebenso gefärbt; eine weiße Flügelbinde ist deutlich erkennbar. In Stadtzentren und Industriegebieten ist das Gefieder infolge von Verschmutzung meist weit weniger kontrastreich. Relativ häufig treten teilalbinotische Individuen auf. Die Weibchen sind unscheinbarer als die Männchen und matter braun, aber sehr fein gezeichnet. Jungvögel sehen wie Weibchen aus, sie sind nur etwas heller und gelblicher gefärbt. Sie bleiben, nachdem sie flügge geworden sind, einige Tage an den gelblichen Schnabelwülsten erkennbar.
Die Jugendmauser ist eine Vollmauser und beginnt im Alter von sechs bis acht Wochen. Die Jahresmauser der Altvögel ist ebenfalls eine Vollmauser. Sie findet in Mitteleuropa in den Monaten Juli oder August statt. Bei Gefahr oder Stress neigen Sperlinge auch zur Schockmauser. Das Sperlingsgefieder besteht vor der Mauser aus 3200 Federn, die insgesamt 1,4 Gramm wiegen. Unmittelbar nach der Mauser sind es ungefähr 3600 Federn mit einem Gewicht von 1,9 Gramm. Zur Pflege des Gefieders nehmen die Tiere Staub- und Wasserbäder, um sich vor Federparasiten zu schützen. Der Gesang des Haussperlings wird nur vom Männchen vorgetragen und besteht aus einem monotonen, relativ lauten, rhythmischen „Tschilpen“ (meist einsilbig, auch „schielp“, „tschuip“, „tschirp“, manchmal auch zweisilbig wie „tschirrip“ oder „tschirrep“. Zur Kopulation fordern Männchen und Weibchen mit leisen, gezogenen und nasalen Lauten auf, Weibchen verwenden dabei ein wiederholtes „djie“. Freilebende Haussperlinge sind auch in der Lage, Alarmrufe von Staren .und Amseln zu kopieren. Zudem zeigen jüngere Forschungen, dass die Alarmrufe anderer Vogelarten durchaus verstanden werden.
Als ursprüngliches Biotop vor dem Anschluss an den Menschen werden trockenwarme, lockere Baumsavannen vermutet, dies bleibt jedoch mangels gesicherter Daten spekulativ. Beim Vordringen nach Mitteleuropa war der Haussperling bereits Kulturfolger mit einer ausgeprägten Bindung an den Menschen. In milden Zonen werden allerdings auch menschenferne Habitate genutzt. Voraussetzungen für Brutvorkommen sind die ganzjährige Verfügbarkeit von Sämereien und Getreideprodukten und geeignete Nistplätze. Optimal sind Dörfer mit Landwirtschaft, Vorstadtbezirke, Stadtzentren mit großen Parkanlagen, zoologische Gärten, Vieh- oder Geflügelfarmen und Einkaufszentren. Nach der ersten Brutansiedlung sind die Haussperlinge der Nominatform sehr ortstreu, der Aktionsradius während der Brutzeit kann bei Stadtpopulationen lediglich 50 Meter betragen. Jungvögel streunen ungerichtet und schließen sich zunächst im Spätsommer anwachsenden Schwärmen an. Auch ein Teil der Altvögel schließt sich diesen Herbstschwärmen an, die in die Umgebung der Brutplätze ausstrahlen, um das dortige Nahrungsangebot zu nutzen. Die Altvögel kehren nach Auflösung der Schwärme meist bereits im Frühherbst wieder an ihren ursprünglichen Brutplatz zurück. Der Haussperling ernährt sich hauptsächlich von Sämereien und dabei vor allem von den Samen kultivierter Getreidearten, die in ländlichen Gebieten 75 Prozent der Gesamtnahrung ausmachen können. Bevorzugt werden Weizen vor Hafer und Gerste. Regional und saisonal kann der Anteil der Samen von Wildgräsern und -kräutern den Getreideanteil erreichen oder übertreffen. Von Frühjahr bis Sommer spielt auch tierische Nahrung eine wichtige Rolle und kann bis zu 30 Prozent der Gesamtnahrung ausmachen. Dabei handelt es sich um Insekten einschließlich deren Entwicklungsstadien sowie andere Wirbellose. Vor allem in der Stadt zeigen Spatzen ein opportunistisches Verhalten und werden zu Allesfressern, was sie besonders an Imbissständen und in Freiluftlokalen unter Beweis stellen.
Im Westen Mitteleuropas ist der Bestand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts deutlich zurückgegangen. Dieser Rückgang ist für Beobachter offensichtlich, die sich beispielsweise an die großen Schwärme auf Getreidefeldern in den 1950er Jahren erinnern können. Allerdings ist der Rückgang des Bestands wegen des damaligen geringen Interesses an dieser Art und der fehlenden Daten aus dieser Zeit nur sehr lückenhaft dokumentiert. Wegen des Bestandsrückgangs wurde der Haussperling auch auf die Vorwarnliste der gefährdeten Arten aufgenommen, obwohl der Bestand absolut gesehen noch sehr hoch ist. Ebenfalls aufgrund dieser Entwicklung war der Spatz in Deutschland und in Österreich zum Vogel des Jahres 2002 gewählt worden. Die Gründe für diesen Rückgang sind vielschichtig, folgende Ursachen werden angegeben: Moderne oder sanierte Gebäude bieten kaum noch Nischen oder Hohlräume, die als Brutplätze verwendet werden können. Durch den Einsatz effizienterer Erntemaschinen verbleibt weniger verwertbare Nahrung nach der Ernte auf den Feldern. Weitgehende Einstellung der offenen Nutztierhaltung Der vermehrte Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft verringert das Angebot und die Qualität der animalischen Nahrung, die vor allem für die Nestlinge wichtig ist. Die gleiche negative Konsequenz hat ebenfalls der im Bereich von Städten und Vorstädten gestiegene Anteil der versiegelten Flächen und auch, dass dort vielerorts die natürliche Vegetation durch gebietsfremde Pflanzen (beispielsweise Ziersträucher) ersetzt wurde.
Literatur:
- https://de.wikipedia.org/wiki/Haussperling
- http://www.nabu.de › … › Vogel des Jahres › 2002 – Haussperling
- Immanuel Birmelin: Von wegen Spatzenhirn!: Die erstaunlichen Fähigkeiten der Vögel. Franck h Kosmos, Stuttgart 2012