Animal of the Month Jul 2018

Großer Blaupfeil

Foto: Barbara Bargmann Älteres Männchen des großen Blaupfeils

Foto: Barbara Bargmann Älteres Männchen des großen Blaupfeils

Orthetrum cancellatum L. 1758

Der Große Blaupfeil (Orthetrum cancellatum) ist die größte Libellenart der Gattung Orthetrum aus der Familie der Segellibellen (Libellulidae). Er ist mit Ausnahme von Nordrussland, dem Norden Großbritanniens und Skandinaviens im größten Teil Europas verbreitet. Der wissenschaftliche Artname kann mit „gegittert“ übersetzt werden. Dies rührt von der Musterung des Hinterleibes der Weibchen beziehungsweise ebenfalls der unreifen Männchen her.

Foto: Barbara Bargmann Älteres Männchen des großen Blaupfeils

Foto: Barbara Bargmann Älteres Männchen des großen Blaupfeils

Der Blaupfeil ist eine der häufigsten und auffälligsten Libellen bei uns in Deutschland. Er fliegt zwischen Anfang Juni und September. Man findet ihn an stehenden Gewässern, die kleine freie, oft steinige Uferzonen oder Strände aufweisen. Besonders häufig findet man ihn an kleinen Baggerseen oder Fischteichen. Er besitzt eine Flügelspannweite von bis zu 10 cm und eine Körperlänge von 5 cm. Das Männchen hat ein blaubereiftes Abdomen (Hinterleib), welcher im Bereich der letzten 3 Segmente schwarz gefärbt ist. Die Flügel tragen keine Einfärbung. Das Pterostigma (Flügelmal) ist bei beiden Geschlechtern schwarz gefärbt. Das Weibchen hat einen dunkelgelben Hinterleib mit 2 Längsbinden. Allerdings kann sich dieser bei älteren Weibchen auch mit einer blauen Wachsschicht überziehen. Bei beiden Geschlechtern ist der Thorax (Brustkörper) braun gefärbt. Ganz typisch für den großen Blaupfeil ist das Anheben des ersten Beinpaares beim Sitzen, soweit die Gegebenheiten dies zulassen. Die Paarung wird zunächst im Flug vollzogen und findet dann später ihr Ende am Boden oder an einem festen Halt. Die Paarung selber dauert ca. 5 bis 10 min. Sofort nach der Paarung beginnt das Weibchen mit der Eiablage, bewacht durch das Männchen. Die Eiablage erfolgt exophytisch; mit wippenden Bewegungen werden die Eier mit großer Fluggeschwindigkeit auf die Wasseroberfläche an Ufernähe abgesetzt.

Hier ist ein seltenes Dokument einer Paarung mit einem unausgefärbten Männchen zu sehen Foto: waldschrat-online.de

Hier ist ein seltenes Dokument einer Paarung mit einem unausgefärbten Männchen zu sehen Foto: waldschrat-online.de

Wie alle Segellibellen jagt der Blaupfeil von einer festen Ansitzwarte. Diese wählt er zumeist in Bodennähe direkt am Gewässer aus, denn dort ist er zum Insektenfang gut getarnt. Alle anderen Großlibellen werden konsequent vertrieben, dies gilt auch für die z.T. viel größeren Edellibellen (z.B. große Königslibelle). Zu diesem Zweck fliegt er auch häufig kleine Patrouillenflüge an seinem Revier. Der Blaupfeil ist recht scheu und hat eine große Fluchtdistanz. Die anderen Segellibellen sitzen eine Ebene höher auf Pflanzenstengeln oder anderen hohen Ansitzen. Auch während des Fluges befindet sich der Blaupfeil direkt über der Wasseroberfläche, während andere Libellen meist 1/2 Meter höher fliegen. Sichtbar ist fast ausschließlich das Männchen. Die Weibchen sind nur bei der Paarung und kurz danach zu sehen. Die Weibchen jagen später am Abend. Ein Auftauchen des Weibchens am Tage führt i.d.R. sofort zu einer Paarung mit dem jeweiligen Männchen des Reviers. Nach der Eiablage wird das Weibchen vom Männchen in nahe Büsche oder Bäume geleitet. Kurze Zeit später findet schon die nächste Paarung statt. Das Weibchen scheint dabei auf das Männchen zu warten. Bei der Paarung klammert sich das Weibchen sehr fest an den Hinterleib des Männchens, so dass dort die Wachsschicht sich zunehmend abreibt und nur noch kleine Bereiche blau gefärbt sind. Innerhalb weniger Wochen schlüpfen die Larven, die uneingegraben auf dem Gewässergrund leben. Nach 2 bis 3 Jahren schlüpft dann die nächste Blaupfeil-Generation nach der Metamorphose. Über die Entwicklung der Larven werden von Seiten der Wissenschaft noch viele Fragen zu beantworten sein. Nachdem schon einige Erkenntnisse über das larvale Leben der Art vorliegen, vermutet man während des Lebens im Wasser bis zur Häutung zur Imago eine mehr als 13 Stadien umfassende Entwicklung. Orthetrum cancellatum gehört zu den weitverbreiteten, häufigen Arten, die recht anspruchslos an ihre Lebensräume sind und gilt daher als in seinem Bestand ungefährdet, er profitiert in hohem Maße von der Neuanlage künstlicher Gewässer. Für den Schutz der Tiere, die den ganzen Sommer über fliegen, sind derzeit keine besonderen Maßnahmen notwendig. Vom Gesetz her steht er jedoch – wie alle Libellen – unter Naturschutz (§ 20e ff. BNatSchG, § 1 BArtSchV). Die Bestimmung der einzelnen Blaupfeilarten ist nicht ganz einfach: Die Libellenarten der Gattung der Blaupfeile sowie die Libellenarten Spitzenfleck und Plattbauch sehen sich recht ähnlich und werden daher leicht und häufig verwechselt.

Foto: Reinhard Jödicke Kleiner Blaupfeil Orthetrum coerulescens

Foto: Reinhard Jödicke Kleiner Blaupfeil Orthetrum coerulescens

Die entscheidenden Merkmale der 4 Arten aus der Gattung Blaupfeile (Orthetrum) ermöglichen eine grobe systematische Zuordnung, ob sie es mit einer der vier Libellen der Gattung Blaupfeile (Großer, Südlicher, Kleiner, Östlicher Blaupfeil) oder eben mit dem Spitzenfleck oder dem Plattbauch zu tun haben. Unabhängig vom Alter und Geschlecht lassen sich Blaupfeil, Plattbauch und Spitzenfleck schon allein anhand der Flügel unterscheiden und sie werden staunen, wie einfach das eigentlich ist. Ein Blick von oben ist hilfreich.  Andere Ansichten geben leider nicht immer Aufschluss, doch gibt es zum Glück noch weitere Merkmale, wie die Farbe der Augen und ein Libellenbestimmungsbuch. Der Plattbauch hat in jedem seiner 4 Flügel einen kräftigen dunklen Fleck am Flügelansatz, den Basalfleck. Dem Spitzenfleck fehlen die Basalflecken in den Vorderflügeln, besitzt aber in den Hinterflügeln Basalflecken. Der Spitzenfleck hat grau-blaue Augen und wirkt insgesamt recht kurz. Der Große, Kleine, Südliche und Östliche Blaupfeil haben keinerlei Basalflecken, weder in den Vorderflügeln noch in den hinteren Flügeln. Die Blaupfeile haben je nach Art grau-grüne, blaue, hellblaue oder graue Augen, die Weibchen und frische Imagines auch gelb bis beigefarbene Augen. Die Farbe der Augen unterscheidet sich bei genauer Betrachtung allerdings deutlich von denen des Plattbauchs und des Spitzenflecks.

Das Institut für Tierökologie und Zellbiologie (ITZ) hat mit Privatdozentin Dr. Heike Hadrys eine weltweit anerkannte Spezialistin in ihren Reihen, die mit DoktorandInnen und Studierenden ausgehend vom „Alten Bahnhof Schapen“ gerade im Naturschutzgebiet Riddagshausen oft bei ihrer Arbeit an Libellen zu sehen ist, mit weiteren wissenschaftlichen Arbeiten in Südfrankreich in der Crau tätig ist und mit den modernsten Mitteln der genetischen Forschung die Artenbestimmung von Libellen voranbringt.

Literatur:

Dr. Eckhard Holtorf, ITZ