Animal of the Month Feb 2018

Fichtenkreuzschnabel

Männlicher Fichtenkreuzschnabel - Foto: NABU/Felix Büscher

Männlicher Fichtenkreuzschnabel - Foto: NABU/Felix Büscher

Loxia curvirostra (Linne` 1758)

Hauptmerkmal ist der namensgebende Schnabel. Man könnte fast meinen, die Vögel litten an einer Missbildung, aber das Gegenteil ist der Fall. mit seinen sich überkreuzenden Spitzen ist er eine Spezialanfertigung der Evolution, mit der der Vogel aus den Zapfen von Fichten und anderen Nadelbäumen die nahrhaften Samen herauspickt. Auf der Suche nach Nahrung lassen sich im Winter auch im Flachland Fichtenkreuzschnäbel beobachten.

Männlicher Fichtenkreuzschnabel - Foto: NABU/Felix Büscher

Männlicher Fichtenkreuzschnabel – Foto: NABU/Felix Büscher

Der Fichtenkreuzschnabel ähnelt in Größe und Aussehen dem Kernbeißer. Der Fichtenkreuzschnabel ist etwas kleiner und zeigt eine intensivere rötliche Färbung. Nicht größer als ein Grünfink, fällt bei den Fichtenkreuzschnäbeln das Männchen schon von weitem durch seine ziegelrote Farbe auf. Das Weibchen dagegen ist unscheinbar graugrün gefärbt, ebenso die Jungvögel bis in ihren ersten Winter hinein. Der Spezialschnabel führt aber auch dazu, dass die Vögel stark von dieser Nahrungsquelle abhängig sind. Gibt es „zuhause“ wenige reife Zapfen, müssen sich die Fichtenkreuzschnäbel weiträumig auf Nahrungssuche begeben. Schon im Sommer kann es zu ersten Erkundungsflügen kommen, im Winter werden daraus in manchen Jahren Wanderungen über tausende Kilometer. Hauptverbreitungsgebiet sind die nördlichen Nadelwälder von Skandinavien bis Russland, Fichtenkreuzschnäbel kommen aber bis nach Spanien und Nordafrika vor. In Deutschland brüten sie vor allem in den Alpen und in den Mittelgebirgen so auch in unserer Region im Harz. Er lebt vereinzelt auch in Fichtenwäldern im Flachland. Weiterhin ist der Fichtenkreuzschnabel auch in Mischwäldern, in Parkanlagen und in großen Gärten mit vereinzelt stehenden Nadelbäumen anzutreffen. Das Auftreten des Fichtenkreuzschnabels ist oft unregelmäßig und etwas unbeständig. Selbst in Gebieten, in denen er regelmäßig lebt, sind starke Bestandsschwankungen zu verzeichnen. Meist laufen diese mit dem Angebot an Fichtensamen parallel, da einzelne Jahre besonders hoher Samenproduktion (Mastjahre) meist zwischen jeweils mehreren Jahren geringeren Angebots liegen (Mangeljahre). Dabei fallen jedoch häufig in verschiedenen Gebieten die guten Samenjahre nicht zusammen, so dass zum Teil die Brutplätze beziehungsweise Aufenthaltsgebiete je nach Angebot in unterschiedlichen Gebieten entweder Ab- oder Zuwanderungen auslösen. Die Nahrung setzt sich vor allem aus Samen der Fichten, aber auch von anderen Nadelbäumen zusammen. Darunter fallen insbesondere Samen der Tanne, Föhre, Lärche und Birke. Zudem frisst der Fichtenkreuzschnabel auch Blatt- und Blütenknospen, Nadeln, Früchte und Beeren. Während des Sommerhalbjahres wird Nahrung durch kleine Insekten wie Blattläuse (Aphidoidea), Schmetterlingsraupen und durch Spinnentiere (Arachnida) ergänzt. Bei der Insektenjagd öffnet der Fichtenkreuzschnabel selbst die Gallen an Nadel- und Laubbäumen. Der Fichtenkreuzschnabel verhält sich bei der Nahrungs- aufnahme ganz still. Dabei turnt er den Schnabel als drittes Greiforgan einsetzend im Geäst herum. An größeren Zapfen hält er sich fest, kleinere reißt er ab, um sie mit den Zehen festzuhalten. Mit gekreuzten Schnabelspitzen werden die Schuppen abgespreizt, um an den Samen zu gelangen. Abhängig davon, ob die Spitze des Unterkiefers nach links oder rechts gebogen ist, muss der Kreuzschnabel seinen Kopf in eine bestimmte Lage zum Zapfen bringen, so dass sich durch diese ständigen einseitigen Bewegungen die Kiefer- und Halsmuskeln ungleich entwickeln. Fest geschlossene, unreife Zapfen werden äußerst selten geöffnet. Die Aufnahme ölhaltiger Samen führt zu einem erhöhten Trinkbedürfnis. Zur Befriedigung desselben werden im Winter Blätter und Äste vom Reif befreit oder Schnee aufgenommen. Als Nestlingsnahrung werden Insekten und Nadelholzsamen verwendet. Berechnungen zufolge verbraucht eine Brut bis zum Ausfliegen rund 85.000 Samen. Der Fichtenkreuzschnabel wird in der dem Schlüpfen folgenden Brutperiode geschlechtsreif. In der Regel wird eine monogame Brutehe geführt, in Einzelfällen ist jedoch Bigynie, also die Verpaarung eines Männchens mit zwei Weibchen, nachgewiesen worden. Die Dauer und Lage der Brutzeit ist von Jahr zu Jahr verschieden und hängt vom Witterungsablauf und vom Nahrungs- spektrum ab. Die Brutzeit mitteleuropäischer Vögel erstreckt sich von Dezember bis Mai. In günstigen Jahren kann es zwei Jahresbruten geben.

Junger Fichtenkreuzschnabel - Foto: Hansjörg Ribis

Junger Fichtenkreuzschnabel – Foto: Hansjörg Ribis

Der Fichtenkreuzschnabel bevorzugt Brutbiotope, in denen es ein ausreichend großes Nahrungsangebot gibt. Die Gruppen beginnen gemeinsam und fast gleichzeitig mit zwei bis fünf Paaren zu brüten, so dass nur um ein Mindestmaß an Territorialverhalten gezeigt wird, indem ein kleiner Bereich um das Nest behauptet wird. Später helfen die Jungvögel der ersten Brut den Altvögeln bei der Fütterung der Nestlinge aus der zweiten Brut. Das Nest wird in den Bäumen so angelegt, dass es eine gute Deckung gegen Sicht und Schnee durch überhängende Äste bietet. Das kleine Nest wird aus Zweigen, Gräsern, Rindenspänen und Moosen errichtet. Das Innere ist mit Gräsern, Flechten, Federn und Haaren ausgepolstert. Die Eiablage erfolgt täglich. Die Gelegegröße liegt bei zwei bis vier Eiern, selten bei fünf Eiern. Bei kalter Witterung wird das erste Ei sogleich bedeckt und bebrütet, selbst wenn Temperaturen von minus 35 Grad Celsius vorliegen. Selbst bei hohen Minusgraden können die Jungvögel dann längere Zeit allein sein, weil die Altvögel Futter suchen. Als Folge davon werden sie oft im verklammten Zustand (Torpidität) von den Altvögeln aufgefunden, sind aber nach ein paar Minuten Hudern wieder aktiv. Nach fünf bis acht Wochen sind die Jungen selbständig. Der Fichtenkreuzschnabel ist tagaktiv und nur wenig territorial. So verteidigt er zwar den Nestbereich, jedoch kein Revier. Zu allen Jahreszeiten verhält er sich sehr unauffällig, da er in hohen Nadelbäumen Schutz sucht. Die Phylogenetik stimmt auf Grundlage der Information aus Daten, die sowohl aus Untersuchungen der Proteine als auch der Morphologie gewonnener Daten darin überein, dass die Stieglitzartigen in eine ältere Gruppe und einen jüngeren Stamm, bestehend aus Loxia und Carduelis, unterteilt werden müssen. Allelo- morphe und mitochondriale Untersuchungen der Gene ergaben, dass Fichten- kreuzschnabel und Fichtenzeisig so nah miteinander verwandt sind, dass 1984 ein Hybrid zwischen beiden Arten entdeckt und nachgewiesen werden konnte. Kreuzschnäbel sind auch unter vielen anderen Namen bekannt. „Christvogel“ wird er genannt, weil er oft an Weihnachten zu sehen ist und in einer christlichen Legende eine wichtige Rolle spielt. Als „Gichtvogel“ werden ihm Heilkräfte zugeschrieben. Im Volksmund ist er aufgrund seiner Wander- freudigkeit auch als „Zigeunervogel“ bekannt. Der Kreuzschnabel spielt auch in der Kreuzigungslegende eine Rolle, seitdem wird der Krummschnabel als „Christvogel“ mit Segen in Verbindung gebracht. Das Haus, das ihn besitzt, gilt als geweiht und gefeit gegen jeden Zauber böser Leute und Hexen, und das Wasser, aus dem er trinkt, soll gegen die Gicht heilsam sein. Auch in der Antike war der Kreuzschnabel vermutlich ein heiliges Tier, wenn sich auch nur wenige Spuren davon erhalten haben. Er wurde als Schutzmittel gegen den Blitz verehrt, so dass er wie das Rotkehlchen einst dem rotbärtigen Gewittergott Donar heilig gewesen sei. Als Indiz dafür kann neben der roten Farbe seines Gefieders insbesondere die eigentümliche Formation seines Schnabels, der an den Hammer Donars erinnert, gelten. In verschiedenen Gegenden Deutschlands galt früher folgender Aberglaube: „Zeigt der Unterschnabel nach links, so gibst nur schlecht’s, zeigt er dagegen nach rechts, das Glück es bringt’s.“ Der Fichtenkreuzschnabel wurde auf Grund seiner Besonderheit auch von frühen Ornithologen als Käfigvogel gehalten. Die Haltung erfolgte in einem engen Vogelbauer. Manchmal durfte er freifliegen. Bis heute wird er als Volierenvogel gehalten. Wildfänge sind nach dem § 20d des Bundesnaturschutzgesetzes jedoch illegal.

Literatur:

  • Hans Münch: Die Kreuzschnäbel. Neue Brehm Bücherei, Westarp Wissenschaften, Aula Verlag
  • Einhard Bezzel: BLV Handbuch Vögel. BLV Buchverlag GmbH & Co. KG, München, 2006
  • Claus-Peter Lieckfeld, Veronika Straaß: Mythos Vogel. Geschichte, Legenden, 40 Vogelporträts. BLV Verlag 2002
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Fichtenkreuzschnabel
  • https://www.nabu.de › … › Stunde der Wintervögel › Vogelporträts

Dr. Eckhard Holtorf , ITZ